Meniskusschaden für Profihandballer als Berufskrankheit anerkannt
08.09.2020. Die Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit bringt für die Betroffenen Vorteile. Sie stehen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. An den Nachweis werden daher hohe Anforderungen gestellt. Bei Profisportlern stellt sich die Frage, ob deren Tätigkeit mit der Belastung „normaler“ Arbeitnehmer verglichen werden dürfen.
Innenmeniskusschaden im Kniegelenk Berufskankheit?
Ein Innenmeniskusschaden im Kniegelenk eines Profihandballsportlers ist eine Berufskrankheit (Ziff. 2102 der Anl. 1 der BKV). Rechtsanwältin Babette Christophers aus der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über die Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. März 2021(AZ: L 8 U 1828/19). Zur Definition von Berufskrankheiten erläutert die Fachanwältin für Medizinrecht, dass Berufskrankheiten als Krankheiten zu verstehen sind, „die durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) definiert sind und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleiden. Diese Definition ist im Gesetz in § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII festgelegt.“
Nachweis einer Berufskrankheit – Berufsgenossenschaft muss anerkennen
Für die Anerkennung von Meniskusschäden nach einer mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeit als Berufskrankheit kommt es auf die Umstände an. Im Allgemeinen gilt, wie Christophers erklärt, dass „der Verdacht auf Vorliegen einer Berufskrankheit dem Unfallversicherungsträger, also der Berufsgenossenschaft, gemeldet werden muss.
Zu dieser "Anzeige bei Verdacht einer Berufskrankheit" sind Ärztinnen und Ärzte sowie Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen gesetzlich verpflichtet. Auch die Krankenkassen sollen entsprechende Hinweise an den Unfallversicherungsträger geben. Natürlich können Versicherte ihre Erkrankung auch selbst bei Ihrer Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse melden.
Nach Eingang der Meldung nimmt der Unfallversicherungsträger Kontakt mit dem Versicherten auf, um den Sachverhalt zu ermitteln. Dazu führt die Anwältin aus Münster weiter aus: „Dabei werden sowohl die Krankengeschichte als auch die Arbeitsvorgeschichte geklärt. Eine Arbeitsplatzbesichtigung und Messungen von Belastungen am Arbeitsplatz können zur Klärung beitragen. In einigen Fällen werden auch die Präventionsdienste der Versicherungsträger eingeschaltet, um Ermittlungen anzustellen. Gegebenenfalls kann ein fachärztliches Gutachten durch unabhängige Sachverständige erforderlich sein. Das Ergebnis der Prüfung wird dem Versicherten durch Bescheid mitgeteilt, gegen den er Widerspruch einlegen kann.“
So muss das Erscheinungsbild der Tätigkeit durch überdurchschnittliche Meniskusbelastungen geprägt sein. Hierfür bedarf es bei einem Profisportler weder einer bestimmten in Stunden zu berechnenden Mindesteinwirkungsdauer noch einer prozentualen Mindestbelastung. Beim Handballsport werden die Kniegelenke durch schnelle Richtungsänderungen bei hohem Tempo, häufig auch mit unkontrolliertem Aufkommen auf dem Hallenboden bei Sprungwürfen, überdurchschnittlich belastet.
Urteil: Meniskusschaden als Berufskrankheit
In dem Falle hatte die Berufsgenossenschaft eine Mindesteinwirkungsdauer von 3.200 Stunden für zwei Jahre angesetzt. Nach Auffassung des Gerichts entbehrte dies sowohl einer gesetzlichen als auch einer wissenschaftlichen Grundlage. Christophers kommentiert das Urteil abschließend wie folgt: „Die Rechtsprechung hat deutlich gemacht (Urteil des LSG Baden-Württemberg von 19.3.2021, Az. L 8 U 1828/19 und Hessisches LSG vom 30.09.2013, L 9 U 214/09), dass es nicht zulässig ist, die Zeitdauer des Spiel- und Trainingsbetriebes eines Profisportlers mit der achtstündigen Arbeitsschicht sonstiger Arbeitnehmer in Relation zu setzen. Es muss zum Vorliegen einer Berufskrankheit geprüft werden, ob der ausgeübte Profisport im Hinblick auf die geltend gemachte Berufskrankheit eine Vollzeitbelastung darstellt.“
Die Berufsgenossenschaft musste den Innenmeniskusschaden als Berufskrankheit anerkennen. In der ersten Instanz beim Sozialgericht Reutlingen hatte noch die Berufsgenossenschaft Recht bekommen. Erst beim Landessozialgericht konnte sich der Handballer, unterstützt von einem Rechtsanwalt, mit seinen Ansprüchen durchsetzen. Passende Rechtsberatung findet man in der Anwaltssuche.
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